Gewerbeverein befürchtet Überlastung Swisttals und gravierende Standortverschlechterung für Bevölkerung und Unternehmen!
Wie bereits in der Stellungnahme des Gewerbeverein Swisttal e.V. (GA vom 16.09.) deutlich wurde, hat der Verein das Vorhaben des Heimerzheimer Schulbauprojektes ganzheitlich betrachtet. Er betont, dass er die Weiterentwicklung der Swisttaler Schullandschaft für erforderlich hält und möchte klärend Bezug nehmen auf den GA-Artikel „Das kosten die neuen Schulen die Swisttaler Steuerzahler“ (GA vom 28.09.) sowie dem darin enthaltenen Interview mit Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner.
Der Gewerbeverein vereint fast 140 Mitglieder mit breiter Expertise. Dieses Fachwissen ermöglicht eine differenzierte Betrachtung des Schulbauprojekts. Unsere bereits vor dem Ratsbeschluss abgegebene Stellungnahme berücksichtigte viele Aspekte von der Energieeffizienz bis zu den Schulwegen. Eine Antwort der Verwaltung/Politik steht weiterhin aus.
Das Thema Bildung hat für Unternehmer eine wichtige Bedeutung, da hier zukünftige Fachkräfte ausgebildet werden. Gleichzeitig fühlen sich viele unserer Mitglieder als Eltern persönlich angesprochen, sehen das Konzept und die Verfügbarkeit von ausreichendem und qualifiziertem Lehrpersonal aber als weitaus bedeutsamer für die Bildungsqualität an als ein noch so raffiniertes Gebäude.
Viele Gewerbevereinsmitglieder sind Unternehmer und gleichzeitig Einwohner Swisttals und damit doppelt von Steuererhöhungen zur Haushalts- und Schuldenfinanzierung und deren Tilgung betroffen – sowohl durch die geplante Erhöhungen der Gewerbe- und der Grundsteuern, die bereits der Haushalt 2023/24 vorsieht, als auch durch die über die Jahre verteilten zusätzlichen Steuererhöhungen aus der Finanzierung des Schulbauprojekts.
Nimmt man alle derzeit zur Verfügung stehenden Informationen zusammen, folgt daraus konkret: In den Jahren ab 2026 steigt der derzeitige Hebesatz der Grundsteuer B (750 Punkte) - ohne Berücksichtigung der Grundsteuerreform - regulär auf 940 Punkte, bzw. um 25,3%. Zusätzlich stehen durch das Schulprojekt weitere Steigerungen im Jahr 2026 um 326 Punkte (entspricht 34,7%) auf einen Hebesatz von 1.266 Punkte und im Jahr 2030 auf 1.394 Punkte im Raum. In einer Gesamtbetrachtung steigt damit beispielhaft ein Zahlbetrag von 1.000 EUR in 2024 um 68,8% auf 1.688 EUR in 2026 bzw. um 85,9% auf 1.859 EUR im Jahr 2030.
In der aktuell wirtschaftlich angespannten Lage wird damit das Wohnen und Leben in Swisttal verteuert und erschwert –gerade für junge Familien aber auch für Rentner und Pensionäre. Es sollte vermieden werden, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen sich gegeneinander ausgespielt fühlen, und so die nötige Akzeptanz dieses Projekts verloren geht.
Darüber hinaus birgt die deutschlandweite Grundsteuerreform und die Volatilität der Gewerbesteuern – d.h. sinkende Steuereinnahmen in wirtschaftlichen schlechten Zeiten – das Risiko einer erheblichen zusätzlichen finanziellen Belastung. Es sind vielfältige Aufgaben zu schultern: u.a. die Flüchtlingsunterbringung sowie der Bau und Sanierung von weiteren gemeindeeigenen Bauvorhaben begleitet von steigenden Personalkosten. Deshalb besteht bei einer so umfangreichen zusätzlichen Verpflichtung aus dem Schulneubauprojekt die Befürchtung, dass der Swisttaler Gemeindehaushalt nicht ausreichend finanziert ist und der Gang in die Haushaltssicherung droht. Dies würde bedeuten, dass Swisttal seine finanzielle Souveränität verlieren würde und die Vorgaben der Bezirksregierung zu erfüllen hätte – wie bereits im letzten Jahrzehnt in dem die Hebesätze der Gemeindesteuern erheblich erhöht werden mussten.
Im Weiteren fürchtet der Gewerbeverein, dass die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Swisttal leidet. Im Vergleich zur unmittelbar angrenzenden Kreisstadt Euskirchen, die niedrigere Grund- und Gewerbesteuersätze (496/475) vorweist und zum Fördergebiet Rheinisches Revier gehört, ist Swisttal (750/520) bereits heute weniger wettbewerbsfähig. Zusätzliche Steuererhöhungen verschlechtern die Standortbedingungen und bergen die Gefahr, dass Unternehmen eine Standortverlagerung vorziehen – wie bereits in den letzten Jahren so geschehen.
Auch eine zu befürchtende Überlastung der Verwaltung durch dieses Großprojekt parallel zu bereits laufenden Projekten führen zur Sorge, dass geplante Vorhaben in allen Swisttaler Ortsteilen sich verzögern oder nicht mehr umgesetzt werden. Hinzu kommen Projekte/Aufgaben, deren Bearbeitung Vorrang genießen, wie z.B. der Regionalplan und die Folgen der Flutkatastrophe.
Unser Verein hätte sich eine kostengünstigere Lösung (wie die immerhin um 45 Mio günstigere Variante 5 der Machbarkeitsstudie) gewünscht, die auf den Ausbau und die Modernisierung der bestehenden Schulgebäude setzt und gemäß Machbarkeitsstudie trotzdem den gewünschten Bildungsansatz in gutem Umfang ermöglicht: Variante 5 erzielte bezogen auf das pädagogische Konzept in 7 von 8 bewerteten Kriterien immerhin jeweils 4 von 5 Punkten. Auch die Nutzung der bereits verbauten „grauen Energie“ (also der Energie, die für den Bau und bereits vollzogene Renovierungen der vorhandenen Gebäude bereits aufgewendet wurde), wäre ökologisch und ökonomisch sinnvoll gewesen, da üblicherweise über 50 % dieser Energie im Rohbauanteil enthalten sind.
Ein weiteres Thema ist der Swistsprung: Mehrere Mitglieder, darunter einige Anwohner, haben auf geologische Risiken im Baugrund hingewiesen. Der Abriss einer alten Schule und Neubau auf einem Grundstück in einer geologischen Störzone, wie dem Swistsprung, könnte (wie bereits an Heimerzheimer Gebäuden und auch einer Schule in Metternich geschehen) zu mitunter starken Schäden führen. Denkbar sind instabiler Boden, Setzungs- und Erdbebengefahr sowie Grundwasserprobleme, die – wie in der Vergangenheit – durch Abpumpen für den Braunkohleabbau in Garzweiler bzw. die bald geplante Flutung der Rest-Seen noch verstärkt werden könnten. Eine gründliche geophysikalische Untersuchung ist daher unerlässlich und geht über eine normale Baugrunduntersuchung hinaus – auch um ein zusätzliches Kostenrisiko für den Bau der Schulen / Interimslösungen für ggf. notwendiges erdbebensicheres Bauen beziffern zu können.
Wir haben von Anfang an „für Gründlichkeit und Transparenz vor Schnelligkeit“ plädiert. Deshalb hielten wir es für sinnvoll, sich die nötige Zeit zu nehmen und das Schulbauprojekt zusammen mit der nächsten Aufstellung des Haushalts 2025/26 der Gemeinde Swisttal und der dazugehörigen Mittelfristplanung zu betrachten. Die Öffentlichkeit sollte vor einer Entscheidung dieser Tragweite, die die Bürger und Gewerbetreibenden über Jahrzehnte finanziell belasten, umfassend informiert werden. Leider ist die Information der Bevölkerung bisher nicht ausreichend transparent erfolgt. Vor allem wurden die Finanzierungskosten in der Außendarstellung nicht aufgezeigt, sondern nur die Baukosten (78 Mio. EUR), was ein unvollständiges Bild der tatsächlichen Belastung von 133,9 Mio. EUR ergab. Auch die oben genannten zu erwarteten Steuererhöhungen wurden nicht wirksam in der Öffentlichkeit kommuniziert. Die bloße Einblendung von Zahlen in einer Ausschusssitzung stellt keine wirkliche ausreichende Information der Bürger dar. Frühzeitige und klare Kommunikation wäre notwendig gewesen, um das Vertrauen in die Politik zu stärken und die Bürger mitzunehmen. Weiterhin wurden Einsparpotenziale (durch einen reduzierten Raumbedarf) nur für die Variante 2 errechnet, die Auswirkungen auf die übrigen 4 Varianten wurde jedoch nicht öffentlich bekannt gemacht. Ein abschließend umfassender und transparenter Vergleich aller Varianten ist deshalb nicht möglich.